Kenia Bücher Rezensionen

Beryl Markham: Westwärts mit der Nacht

Tania Blixen beschreibt sie als hinreißende Frau. Ernest Hemingway nannte ihre Bücher phantastisch: Beryl Markham war in jeder Hinsicht ungewöhnlich. Begeisterte Fliegerin, die durch ihren Alleinflug über den Atlantik 1936 weltberühmt wurde, Löwenjägerin, Pferdenärrin und Afrika-Liebhaberin. Ihr Leben ist wie ein Abenteuerroman. Eine mutige Frau erinnert sich.

Westwärts mit der Nacht: Mein Leben als Fliegerin in Afrika

Buchrezension

Beryl Markham ist 17, als ihr Vater, der in Kenia eine Farm betreibt und nebenher Rennpferde züchtet und trainiert, pleite geht.

Westwärts mit der Nacht

Westwärts mit der Nacht von Beryl Markham

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Sie kommt als Dreijährige aus dem kalten England nach Afrika, ist mit Pferden großgeworden und zur Selbständigkeit erzogen. Also bleibt sie nach dem Ruin ihres Vaters in Kenia, obwohl es ihn ans andere Ende der Welt zieht, nach Peru. Beryl tut das, was sie am besten kann: sie trainiert Rennpferde. Anfangs von der männlichen Konkurrenz mißtrauisch beäugt und belächelt, macht sich die junge Frau durch Kompetenz, Tatkraft und exzellente Ergebnisse bald einen Namen in der Szene. Doch zu Beginn der Dreißigerjahre entdeckt sie eine neue Leidenschaft: die Fliegerei. Sie macht als erste Frau in Ostafrika ihre Pilotenlizenz und fliegt bald darauf als Buschpilotin sowohl Post als auch Passagiere, findet für Großwildjäger die Position und Größe von Elefantenherden heraus und transportiert Kranke ins nächste Hospital. Ein lebensgefährlicher und unsicherer Job, den Beryl, ausgestattet mit nichts als einem Kompaß, ihren Navigationskenntnissen und ihrer Sensibilität für Wind- und Wetterverhältnisse, in wackeligen Zweisitzern souverän meistert.
Ihren größten Erfolg als Fliegerin hat sie 1936, als sie in einem fast 2 Tage dauernden Alleinflug als erster Mensch den Atlantik von Ost nach West überquert. Dieser Flug inspiriert sie zur Autobiographie Westwärts mit der Nacht.

Wer einen romantischen Afrikaroman voller perfekter Sonnenuntergänge und wundervoller Romanzen lesen möchte, hat bei Westwärts mit der Nacht zum falschen Buch gegriffen. Markhams Schreibstil ist wie sie selbst: nüchtern, zurückhaltend, durch und durch praktisch orientiert und voll von (typisch britischem) Understatement. Wo andere die Begegnung mit einem Löwen, die für Beryl fast tödlich endet, seitenlang beschrieben und dabei alle die Dramatik steigernden literarischen Kniffe genutzt hätten, schreibt sie lediglich

Ich habe noch die Narben von seinen Zähnen und seinen Pranken (…) ich kann ihm wegen seines Ausrutschers nicht grollen.

– wenige Worte für eine Grenzerfahrung zwischen Leben und Tod.
Auch über ihr Privatleben schweigt sie sich aus. Der Leser erfährt nichts über ihre drei gescheiterten Ehen, ihre Kinder, ihre Liebhaber. Und es ist auch überhaupt nicht nötig, denn dieser Autobiographie fehlt nichts. Sie ist, trotz des schlicht-nüchternen Stils, voller Leidenschaft.
Der Fokus liegt, genau wie im Leben der Autorin, auf drei Dingen: Flugzeugen, Pferden – und dem Schwarzen Kontinent. Beryl Markham beschreibt nicht nur ihr Leben, sondern auch “ihr” Afrika. Und das liest sich durchweg faszinierend und mitreißend. Westwärts mit der Nacht ist ein Buch, das sich mit bekannteren Romanen dieser Zeit wie zum Beispiel Jenseits von Afrika messen und sie, je nach Vorliebe, sogar in den Schatten stellen kann. Die Liebe der Autorin zu Pferden und später zur Fliegerei ist aus jeder Zeile herauszulesen. Und auch Kritiker des recht unprätentiös daherkommenden und trotzdem so mitreißenden Buches müssen zugeben: es ist die außergewöhnliche Biografie einer außergewöhnlichen Frau.
Beryl Markham starb 84jährig in ihrem Häuschen am Rand der Rennbahn von Nairobi.

Veröffentlicht am 10. März 2007

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AfrikaRoman bewertet "Westwärts mit der Nacht" mit:
  • Gesamtbewertung
5

Über den Autor

Dagmar Iselt

Dagmar ist eines der Gründungsmitglieder des Literaturportals. Sie ist hauptberuflich Bibliothekarin und damit schon per se literaturbegeistert. Außerdem liebt sie es zu laufen, nebenberuflich Pilates zu unterrichten, zu kochen (und zu essen) und in der Welt umherzureisen. Dabei am liebsten im Gepäck: Bücher von Deon Meyer, Henning Mankell oder Chimamanda Ngozi Adichie.

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