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Peter Hammer Verlag: Verlagsprofil – extra small

Interview mit der Verlagsleiterin des Peter Hammer Verlages

Nur noch wenige kleine unabhängige Verlage können sich gegen die großen Konzerne behaupten! Der Peter Hammer Verlag zum Beispiel, gehört seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zur deutschen Verlagslandschaft und veröffentlicht kritische politische Literatur, anspruchsvolle Bilder- und Kinderbücher und Belletristik und Sachbücher aus und über Lateinamerika und Afrika.
Letzteres hat uns bewogen, die Verlagsleiterin Monika Bilstein um ein Interview zu bitten, welches uns bereitwillig und gern gewährt wurde.

AfrikaRoman: Warum heißt das Unternehmen „Peter Hammer Verlag“? Wir haben gehört, einen Mann mit diesem Namen gibt es unter den Angestellten des Verlages nicht….

Monika Bilstein: „Peter Hammer“ ist tatsächlich keine reale Person. Dieser Name wurde, vielfach auch in der französischen Form Pierre Marteau, im ausgehenden Mittelalter als Pseudonym von Druckern und Schriftstellern benutzt, die sich der Obrigkeit entziehen wollten.

AfrikaRoman: Gab es eine Person, die dem Verlag in den letzten Jahrzehnten die Richtung wies? (Wir denken dabei an Hermann Schulz) Wenn ja, wie tat er dies und beeinflusst sein Wirken noch heute das Verlagsgeschehen/-geschäft?

Monika Bilstein: Hermann Schulz hat in über dreißig Jahren, die er den Verlag leitete, die programmatische Ausrichtung stark geprägt, in dem er z.B. kontinuierlich „Eine-Welt“-Themen und afrikanische und lateinamerikanische Literatur veröffentlichte. Die AutorInnen, die er für den Verlag gewann, sind zum großen Teil noch heute Stammautoren des Peter Hammer Verlages und seine Gallionsfiguren geworden, z.B. Eduardo Galeano, Gioconda Belli, Ernesto Cardenal aus Lateinamerika und mit ihrem Gesamtwerk in deutscher Sprache in unserem Programm vertreten. Von diesen Autoren erscheinen kontinuierlich Neuerscheinungen. ( in 2005: Galeano, Zeit, die spricht; Belli, Das Manuskript der Verführung; Cardenal, Niemand ist mir so nahe).
Insofern beeinflusst sein Wirken das Verlagsgeschehen bis heute; an der aktuellen Entwicklung hat er jedoch seit August 2001 mit Eintritt in seinen Ruhestand natürlich keinen Anteil mehr.

AfrikaRoman: Wie sind Sie darauf gekommen, sich ausgerechnet auf afrikanische / lateinamerikanische Belletristik zu konzentrieren?

Monika Bilstein: In den 60er Jahren begannen Politik und Kirchen, die südlichen Kontinente zu entdecken. Der Peter Hammer Verlag hatte eine Vorreiterrolle bei dem Bemühen, die Kultur, die Literatur bei diesen oft paternalistischen „Entdeckungsreisen“ nicht aus den Augen zu verlieren.
Den Anfang machten die Bücher von Ernesto Cardenal und Eduardo Galeano aus Lateinamerika, und in den 70er Jahren stand dann Afrika ganz vorn.

AfrikaRoman: Wie entstehen die Kontakte zu den Autoren? Woher bekommen Sie Informationen über Neuerscheinungen auf dem afrikanischen Buchmarkt?
Gibt es persönliche Kontakte zu einzelnen Autoren? Oder irgendeinen unter Ihnen, der besonderen Eindruck hinterlassen hat?

Monika Bilstein: Informationen über Neuerscheinungen auf dem afrikanischen Buchmarkt erhalten wir u.a. über Scouts, auf Messen, über Verlagsmitteilungen und Prospekte der Verlage in England, Amerika und Frankreich, in denen diese Bücher in Englisch, Französisch oder Portugiesisch erscheinen. Zu vielen Autoren gibt es auch direkten und persönlichen Kontakt. Und nicht zuletzt spielt die Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e.V. in Frankfurt eine wichtige Rolle in der Literaturvermittlung.

AfrikaRoman: Wie funktionieren die Übersetzungen? Bieten die Autoren ihre Werke in Englisch an oder gibt es Übersetzer für die diversen afrikanischen Sprachen? Falls Bücher aus afrikanischen Sprachen ins Deutsche übersetzt werden: wie groß ist der Anteil?

Monika Bilstein: Nur sehr selten werden Werke direkt aus afrikanischen Sprachen übersetzt, weil die AutorInnen den Umweg nehmen müssen über die englische, französische oder portugiesische Sprache. Sie schreiben oftmals gleich in dieser Sprache, weil ihre Werke sonst angesichts der fehlenden Verlagsstruktur in ihrem Land gar nicht zur Veröffentlichung kommen könnten. Übersetzer für afrikanische Sprachen gibt es nur sehr wenige, und der Anteil der Übersetzungen aus afrikanischen Sprachen ist äußerst gering.
Im Peter Hammer Verlag z.B ist in über 30 Jahren, in denen wir afrikanische Literatur verlegen, nur einmal ein Roman aus dem Kisuaheli übersetzt worden: Die Kinder der Regenmacher von Aniceti Kitereza aus Tanzania.

AfrikaRoman: Was würden sie als typisch für afrikanische Literatur bezeichnen?

Monika Bilstein: Typisch für afrikanische Literatur ist meiner Meinung nach, dass sie sich stark um die eigene Geschichte des jeweiligen Landes, um die Trümmer der Vergangenheit und die Suche nach einer Vision für die Zukunft kümmert.
Zudem ist sie ist eine Literatur der Geschichten, der Schicksale, das ist ebenfalls typisch.
Experimente mit Sprache kommen bisher kaum vor. Und -s.o. – typisch ist auch, dass sie zu großen Teilen in „Fremdsprachen“ geschrieben wird.

AfrikaRoman: Welches ist der bestverkaufter Roman eines Afrikaners in deutscher Sprache?

Monika Bilstein: Im Programm des Peter Hammer Verlages der eben schon genannte zweibändige Roman „Die Kinder der Regenmacher“ von A. Kitereza. Er erreichte drei Auflagen und ebenfalls mehrere Auflagen in der Taschenbuchausgabe.

AfrikaRoman: Wie lange gibt es den Hammer Verlag schon? Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Monika Bilstein: Der Peter Hammer Verlag wurde 1966 gegründet, wird also im nächsten Jahr sein 40. Jubiläum feiern.
Für seine Zukunft wünsche ich mir weiterhin die Entdeckung spannender AutorInnen und IllustratorInnen; wirtschaftliche Stabilität, die den Spielraum gibt für diese und andere Entdeckungen und einen wachsenden Leserkreis, der Freude hat, unser Programm zu entdecken.

Wir danken der Verlagsleitung recht herzlich für die Beantwortung unserer Fragen!

Der Peter Hammer Verlag gehört zu den wichtigsten Adressen für Belletristik aus Afrika und Lateinamerika und ist für uns eine sehr ergiebige Informationsquelle, um mehr über Literatur aus Afrika zu erfahren!

www.peter-hammer-verlag.de

Eine immense Auswahl an erstklassigen Büchern machen diesen Verlag besonders empfehlenswert! Aktuell erschien beim Verlag „Yizo Yizo” – Stories aus einem neuen Südafrika (ISBN 3-7795-0040-X). Kurzgeschichten, in denen der Herausgeber Manfred Loimeier die Vielfalt der jungen Literatur Südafrikas aufzeigt.

Interview: Sven Rosenow
Stand: 1. September 2005

Über den Autor

Sven R.

Sven ist Gründer und Initiator von AfrikaRoman.de, dem Literaturportal über afrikanische Romanliteratur in Deutschland. Wenn es die Zeit erlaubt, schreibt er auch gerne mal Rezensionen für das Literaturportal. Sein Lieblingsautor ist Andrew Brown.

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