Ein bemerkenswertes Debüt von Yejide Kilanko!
Eine nigerianische Großfamilie. Der Vater beruflich viel unterwegs, die Mutter selbstständig, eine kleine Schwester, etliche Tanten, Cousinen und Cousins. So wächst das Mädchen Morayo Ajayi in Ibadan heran. Glücklich, behütet und mit den Problemen, die sich bei Teenagern auf der ganzen Welt gleichen: Konflikte mit den Eltern und vor allem: die erste Liebe.
Äußerlich gefügig, lernwillig und brav, feiert Bros T Partys mit seinen Kumpels, so bald Morayos Eltern ihm den Rücken zuwenden. Und nach einer dieser Partys, als die ganze Familie verreist ist und nur Morayo krank daheim bleiben musste, vergewaltigt er sie. Und danach wieder und immer wieder.
Erst schweigt Morayo, durch Tayos Drohungen gefügig gemacht. Bald wird sie schwanger, und nach der Fehlgeburt, die sie allein im Badezimmer durchsteht, erzählt sie der Mutter alles, gequält von der Vorstellung, dass sich Bros T auch an ihrer kleinen Schwester vergehen könnte.
Doch statt Hilfe und Unterstützung schlägt ihr Ablehnung entgegen. Die Familie wendet sich von ihr ab, gibt ihr die Schuld an den Vergewaltigungen. Nur ihre Tante Aunty Morenike, der als Kind ähnliches passierte, hält noch zu ihr.
Herzerwärmend und traurig. Wer bisher kein Feminist war, der ist es nach der Lektüre – egal ob Mann oder Frau.
Dieses Zitat aus dem Toronto Star trifft auf den Punkt, was Der Weg der Töchter zu einem besonderen Buch macht. Die Autorin schafft es, weibliche Unterdrückung und sexuellen Missbrauch in eine Familiengeschichte zu verweben und so aufzuzeigen, wie schwer es für die Opfer ist, als solche wahrgenommen zu werden und Hilfe zu bekommen – in Nigeria und anderswo. „Die ist doch selbst schuld – warum trägt sie so kurze Röcke?” solche und ähnliche Kommentare haben wir alle schon einmal gehört, wenn es um Vergewaltigung geht. Durch die Ich-Erzählung wird der Leser zusätzlich an die Protagonistin gebunden und erlebt unmittelbar, was ihr geschieht.
Yejide Kilanko erzählt sensibel und mit dem Gefühl für Zwischentöne die Geschichte eines Mädchens, die so überall auf der Welt hätte passieren können. Dazu kommt die Schilderung nigerianischen Alltags, religiöse Besonderheiten, Kochgewohnheiten und die Mischung aus traditioneller Lebensweise und Moderne. Der Leser lebt, lacht und leidet mit Morayo, die ihr Glück nur über viele Umwege findet, sich aber nie unterkriegen lässt.
Der Weg der Töchter ist ein bemerkenswertes Debüt – bitte mehr davon.
Veröffentlicht am 12. Februar 2014
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