Afrikanische Erzählkunst überbrückt kulturelle Kluft
Hauptperson des Romans ist Okonkwo, ein in seinem Dorf hoch angesehener und mit den höchsten Titeln dekorierter Mann. Das Dorf- und Stammesleben ist geprägt von Glaubensritualen und Gesetzen. Als Okonkwo versehentlich ein Mitglied der Sippe tötet, wird er für die Dauer von sieben Jahren aus dem Dorf verbannt. Er findet Unterschlupf bei Verwandten und erlebt aus der Ferne, wie englische Kolonialisten, unter ihnen christliche Missionare, auf die Dorfgemeinschaft Einfluß nehmen und allmählich das gesamte Leben der Ibo verändern. Bei seiner Rückkehr ist nichts mehr so, wie es einmal war und weil das für den einst so einflußreichen Okonkwo nicht zu ertragen ist, probt er den Aufstand gegen die Weißen und ihre Kirche. Aber dieser mißlingt, zu uneins sind sich die Dorfbewohner, zu gespalten in ihrem Verhältnis zu den neuen Herren und dem neuen Glauben, den einige von ihnen bereits angenommen haben.
Interessant, manchmal zu langatmig, sind die Schilderungen der rituellen Gebräuche der Ibo, die Achebe mit der Akribie eines Völkerkundlers beschreibt. Auch muten manche Sitten, wie zum Beispiel der Brauch, daß Zwillinge bei den Ibo sofort nach der Geburt getötet werden, für uns Mitteleuropäer grausam und blutrünstig an. Allerdings vermeidet der Autor jegliche Wertung oder Idealisierung des afrikanischen Lebens, sondern schreibt sachlich und objektiv.
So las sich für mich auch der ganze Roman: ein bißchen wie „aus der Ferne“ und mit dem Abstand eines unbeteiligten Zuschauers geschrieben – allerdings eines nigerianischen Zuschauers. Und genau das macht die Glaubwürdigkeit von Okonkwo oder das Alte stürzt aus: der Autor schreibt ohne die „kulturelle Kluft“, die etwa eine Stefanie Zweig überwinden muß, wenn sie über das Leben in einem afrikanischen Dorf schreibt. Das macht den Roman von Chinua Achebe lesenswert.
Veröffentlicht am 14. März 2006
AfrikaRoman bewertet "Okonkwo oder das Alte stürzt" mit:
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