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Hamid Skif: Von Kämpfern mit Kugelschreibern – Meinungsfreiheit in Algerien

Pressefreiheit – hier in Deutschland in Artikel 5 des Grundgesetzes verankert und eine Selbstverständlichkeit, über die die meisten von uns kaum jemals nachdenken. Doch anderswo ist es keineswegs normal, sich kritisch über herrschende Zustände und Regierungen zu äußern.
Ein Beispiel: Algerien. In dem nordafrikanischen Land, am Mittelmeer zwischen Libyen und Marokko gelegen, hat die Verfolgung von systemkritischen Journalisten, Schriftstellern und anderen Oppositionellen eine lange, traurige Tradition. Ein Beispiel hierfür ist der Autor Hamid Skif. Der 1997 vor politischer Verfolgung nach Deutschland geflohene algerische Schriftsteller erhielt im November des vorigen Jahres den von der Stadt Heidelberg verliehenen Preis „Literatur im Exil“ für seinen Roman „Sehr geehrter Herr Präsident„. Der Preis wurde 1992 gestiftet und wird seither alle drei Jahre an Schriftsteller vergeben, die bei uns im Exil leben und in unserer Sprache publizieren.
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Damals, als ich jung und mutig war, hatte ich keine Probleme, den Kampf gegen das Regime aufzunehmen.

So äußerte sich Hamid Skif, auf seinen Kampf für Meinungsfreiheit in Algerien angesprochen, in einem taz – Interview. Allerdings ist das wohl eher an Tiefstapelei grenzende Untertreibung.
Der 1951 als Mohamed Benmebkhout in Oran geborene Autor veröffentlicht schon im Alter von 12 Jahren seine ersten Gedichte. Mit 18, also in einem Alter, in dem die meisten europäischen Jugendlichen eine Ausbildung beginnen oder studieren, ist Hamid Skif ein bekannter Lyriker in Algerien. Allerdings setzen sich seine Texte kritisch mit der algerischen Gesellschaft auseinander und das macht ihn früh zu einem unbequemen Oppositionellen, der sich immer wieder Zensur seitens der Regierung gefallen lassen muß. Anfang der 70er Jahre beginnt er, als Journalist zu arbeiten, schreibt u.a. Artikel über die Folter in algerischen Gefängnissen und gerät selbst in Haft. So bald er freigelassen wird, setzt er seine Arbeit fort. Hauptanliegen ist ihm dabei immer, den freien Journalismus in seinem Heimatland zu etablieren, also eine unvoreingenommene, unzensierte und kritische Berichterstattung.
In den 80er Jahren gründet er eine eigene Wochenzeitung, „Perspectives“. Außerdem arbeitet Skif als Generalsekretär der Vereinigung der algerischen Journalisten, die sich ebenfalls für die Durchsetzung der Pressefreiheit einsetzt.
1993 beginnt der algerische Bürgerkrieg. In seinem Verlauf sollen mehr als 6o algerische Schriftsteller ums Leben kommen, ermordet von Fundamentalisten der Islamischen Heilsfront. Hamid Skif entgeht nur knapp mehreren Anschlägen auf sein Leben. Als ein Cousin gleichen namens versehentlich an seiner Stelle getötet wird, flieht er mit seiner Frau und seinen 4 Kindern in den Untergrund und wird 1997 von der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte aufgenommen. Außerdem unterstützt ihn die Heinrich – Böll – Stiftung, das PEN – Zentrum in Hamburg und nicht zuletzt sein Hamburger Freundeskreis und seine Familie.
Auf sein Exil angesprochen, sagt Hamid Skif in einem Interview der Zeitschrift LiteraturNachrichten:

Ich habe Algerien verlassen, aber Algerien hat mich nie verlassen….Es mag paradox sein, aber ich fühle mich nirgendwo im Exil, außer in meinem eigenen Inneren.

Seit seiner Ankunft in Hamburg veröffentlicht er hauptsächlich politische Erzählungen, Kurzgeschichten und Romane, aber auch Gedichte. Auf seinen Lesereisen quer durch Europa und Südamerika setzt er sich weiterhin für die Pressefreiheit ein. 2003 gründete er gemeinsam mit einer deutschen Islamwissenschaftlerin und einer tunesischen Journalistin den Verein ALIFMA, der sich für den kulturellen Austausch zwischen Nordafrika und Deutschland einsetzt. Der Verein organisiert unter anderem Konzerte, Seminare, Lesungen und andere Veranstaltungen, um die nordafrikanische Kultur in Deutschland bekannter zu machen.
Hamid Skif lebt mit seiner Familie in Hamburg.

Heute werden in Algerien zwar keine Journalisten mehr getötet, doch Pressefreiheit existiert nur in Ansätzen und nur aufgrund des Engagements algerischer Journalisten. Der einzige TV – Sender, die drei Radiostationen und alle Druckereien befinden sich in staatlichem Besitz. Um zu verhindern, daß sich private Radiosender durchsetzen, errichten die staatlichen Sender überall im Land Niederlassungen, um die Sendefrequenzen zu blockieren.
Bis zu der von Hamid Skif und anderen „Kämpfern mit Kugelschreibern“ angestrebten Meinungsfreiheit ist es noch ein weiter Weg.

Quellen:

Internationale Frühjahrsbuchwoche – www.fruehjahrsbuchwoche.de
amnesty international Deutschland – www2.amnesty.de
Writers‘ Room e.V. – www.writersroom.de
LiteraturNachrichten: Afrika, Asien, Lateinamerika; 22. Jahrgang Nr. 87

Stand: 10.02.2006

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