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Im Tal des Omo-Flusses, einer schwer zugänglichen Region im Süden Äthiopiens, liegt die Wiege der Menschheit. Heute leben dort mehrere Stämme, die vor allem durch ihre Körperbemalung weltweit Bekanntheit erlangten. Viele Fotografen haben sie besucht und ihre Kühnheit als Krieger und die Würde ihres Daseins festgehalten. Hans Silvester dagegen zeigt, wie die einzelnen Stämme sich durch ihre Bemalung als Gruppe definieren und wie sie sich durch die Darstellung ihrer Körper selbst zum Kunstwerk erheben. Erstmals sind die verschiedenen Stämme, wie die Bodi, Hamer, Broana, Karo, Surma und Mursi, in ihrer jeweiligen Eigenheit fotografisch dokumentiert und werden in einem exquisit gestalteten Kunstband der Weltöffentlichkeit zugänglich gemacht.
Hans Silvester wurde 1938 in Deutschland geboren und begann bereits im Alter von zwölf Jahren zu fotografieren. Der Autor lebt in Südfrankreich. Als Fotograf reiste Hans Silvester innerhalb von drei Jahren neun Mal in das Tal des Omo.
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Fotograf: Hans Silvester
Bildband: Im Tal des Omo
Untertitel: Die Kultur der Hamer, Karo, Surma, Mursi, Bume in Äthiopien
Zwei Bände im Schuber, gebunden, 304 und 160 Seiten
Erschien: Oktober 2006, Knesebeck
Schön wie sich ein westlicher Fotograf nach Afrika begibt und ganz ohne Wertung mit Achtung und Intimität Ureinwohner mit der Kamera ablichten durfte.
Das Resultat verrät die gute Beziehung zwischen Fotograf und Fotografierten, denn diese Blicke kann man nur in echter Vertrautheit und guter Atmosphäre einfangen. Voller Ruhe und Natürlichkeit blicken uns die Ureinwohner Afrikas an und geben uns die Möglichkeit ihren Blumenschmuck bei ihren alljährlichen Feierlichkeiten sehen zu dürfen. Aber ganz klar ist hier: Nicht wir beschauen die Ureinwohner, sondern sie gewähren uns den Blick auf sie und sie bestimmen das Foto mit. Sie sind sich bewusst, fotografiert zu werden und damit etwas von sich zu geben. Dieses Bewusstheit in den Bildern nimmt den Fotos das unangenehm Voyeuristische und gibt Einblick in eine Kultur, die wir nicht kennen und nicht verstehen (müssen). Die Bilder sagen, “Es ist so wie es ist.” Nicht mehr und nicht weniger. Wunderschöne Fotos, die berühren und uns wieder staunen lassen: nicht wie Europäer Ureinwohner bestaunen, sondern wie Kinder die Welt.
Zweifellos zeigt der Fotograf Hans Silvester in seinem Bildband faszinierende Porträts von Angehörigen der Surma und Mursi, die am unteren Omo in Äthiopien leben. Nur bilden diese phantasievollen Arrangements keine gewachsene Tradition ab, wie es im Text anklingt. Stattdessen zeigen sie eine ganz junge Entwicklung.
Ich habe das Omogebiet seit 1982 regelmäßig besucht. Damals schmückten sich die Menschen dort mit Schmucknarben und – zu besonderen Gelegenheiten – mit einer Körperbemalung. Dazu wurde fast ausschließlich eine weiße Kalkfarbe verwendet.
Als dann die ersten Touristen den Omo besuchten, waren es vor allem die sog. Tellerlippenfrauen, die als Fotomotive begehrt waren. Vor allem die Mursi lernten schnell, dass sich mit diesen Fotos Geld verdienen ließ.
Auch die Körperbemalung ließ sich gut vermarkten. Da der Touristenstrom an den Omo ständig zunimmt, laufen viele Menschen dort nun ständig bemalt herum. Je ausgefallener die Bemalung, desto größer die Chance, fotografiert zu werden. Nähert man sich einem Dorf, so werden einem schon von weitem die Preise für Fotos entgegen gerufen. Die Menschen konkurrieren lautstark und hektisch darum, fotografiert zu werden. Dabei geht es recht hitzig zu und eine wirkliche Begegnung kann gar nicht stattfinden.
Irgendwann kamen dann die professionellen Fotografen, die eindrucksvolle Bildbände herausbrachten. Auch unter ihnen gibt es eine Konkurrenz um die spektakulärsten Fotos. Und bald reichten offenbar die Bilder der traditionell geschmückten Surma nicht mehr aus. Immer verwegener musste deren Ausstattung sein, um sich noch vermarkten zu lassen. Durch die Konkurrenz vor Ort und unter den Fotografen wie Hans Silvester sind wahrlich aufregende und ästhetische Arrangements entstanden. Aber mehr sind diese Bilder auch nicht, keinesfalls sind sie Abbilder von etwas “Ursprünglichem”.
Sie sind vielmehr das Ergebnis von Angebot und Nachfrage auf einem umkämpften Markt – hier wie dort.
Ich lese den Kommentar von Eggert Göttsch vom 4. Nov. 2010 und fühle genau die Worte getroffen, die ich beim Anblick der Bilder niederschreiben wollte. Die Bilder sind zweifellos interessant, aber da ich am Omo schon einige Völker gesehen habe und fotografieren durfte, weiß ich um das “zur Schau zu stellen des Geldes wegen” einzuschätzen und bestätige die Worte von Herrn Göttsch mit meinem Gefühl des Erlebten. Einige Augenblicke gelangen mir in abgelegenen Dörfern zu erhaschen, wenn die Bewohner nicht auf ein Foto fixiert waren oder ich mit Surmas 1h am Fluß ohne Gespräch, nur im gegenseitigen Beobachten saß. Es hat mich dann tief beeindruckt und ich hatte ein gutes Gefühl.
Karin Böhme