In Louise Cantors spannender Recherche, die sie von Australien über Barcelona nach Maputo in Mosambik zu den Ärmsten der Aids-Kranken führt, finden die Hauptthemen in Henning Mankells Schreiben zusammen: die Aufdeckung aktueller Verbrechen in unserer Gesellschaft und die sozialen Probleme auf dem schwarzen Kontinent.
Buchrezension zu: Kennedys Hirn
Wir wissen fast alles darüber, wie die Afrikaner sterben, aber kaum etwas darüber, wie sie leben.
In diesem Zitat aus Henning Mankells neuem Roman steckt eine Menge Wahrheit. Außerdem deutet es, zumindest zum Teil, die Intentionen des Autors an, aus denen heraus das Buch entstand: zum einen geht es ihm, wie auch in seinen anderen Afrika-Romanen, um die Aufzeigung von sozialen Problemen auf dem schwarzen Kontinent. Außerdem schildert er in diesem Roman mit dem etwas irreführenden Titel Kennedys Hirn aber auch die Verbreitung und Bekämpfung des HI-Virus’ in Afrika und die Rolle, die europäische Unternehmen und korrupte Staatsbeamte dabei spielen.
Das Ergebnis ist eine äußerst gelungene Mischung aus Kriminalroman und gesellschaftskritischer Erzählung und trifft den Leser in Kopf und Herz gleichermaßen.
Die Handlung siedelt in Schweden, Australien, Barcelona und Mozambique.
Louise Cantor, Archäologin, nutzt eine Einladung zu einem Vortrag in ihrer schwedischen Heimat, um ihren 25jährigen Sohn Hendrik in Stockholm zu besuchen. Doch sie findet ihn leblos im Bett, offensichtlich mittels einer Überdosis Schlaftabletten von eigener Hand zu Tode gekommen. Die Polizei legt den Fall zu den Akten, für sie ist die Lage klar. Nicht so für Louise. Sie glaubt nicht an Hendriks Freitod, denn sie stößt auf Ungereimtheiten und eine Menge Material, welches er gesammelt und versteckt hat und welches sich nur mit einer Frage beschäftigt: Warum ist das Hirn von John F. Kennedy nach dessen Obduktion offenbar spurlos verschwunden? Louise, deren Beruf es ist, Spuren der Vergangenheit zu suchen, begibt sich auf die Suche nach denen ihres Sohnes. Und ihre Suche lüftet nicht nur Schritt für Schritt den Schleier über Hendriks Leben, sondern offenbart auch ein sorgsam gehütetes, grausames Geheimnis und bringt sich selbst und ihre Helfer in höchste Gefahr.
Kennedys Hirn ist ein Buch, welches mich nicht sofort gefangennahm. Die ersten Seiten lasen sich etwas schwerfällig, die Handlung mußte erst in Schwung kommen. Aber nach den ersten 50 Seiten las ich und las und las…
Henning Mankell hat es wieder einmal großartig verstanden, seine beiden Hauptanliegen unter einen Hut zu bekommen. Der Autor, der nach eigenen Angaben „mit einem Fuß im Sand und mit dem anderen Fuß im Schnee” lebt, wohnt und arbeitet sechs Monate im Jahr in Mozambique und engagiert sich sehr im Kampf gegen AIDS. Dies und seine Kritik an der zunehmenden Verrohung und Kriminalisierung der menschlichen Gesellschaft thematisiert er, wie schon in anderen Romanen, auch in Kennedys Hirn. Allerdings vermißte ich an manchen Stellen Henning Mankells Gespür für das Zwischenmenschliche. Einige Situationen wirkten etwas zu konstruiert, die Dialoge zu künstlich. Das tut der Brisanz des Themas allerdings keinen Abbruch und auch das Lesevergnügen ist kaum getrübt.
Mein Prädikat: empfehlenswert!
Veröffentlicht am 1. Mai 2006
Henning Mankell: Kennedys Hirn. Gebundene Ausgabe, 400 Seiten, Paul Zsolnay Verlag, Januar 2006
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